Die Sorte Schlesische Himbeere, die ich für die Tomatenerhalterringe in 2019 kultiviert habe.
Die Erhaltungsringe des VEN gehen in die nächste (nun schon dritte) Runde. Für 2020 haben wir in der Fachgruppe Tomaten eine Reihe interessanter Tomatensorten zusammengestellt. Und für mich besonders interessant – es ist auch eine rotbraune Sorte mit dabei – die Breslau 3.0. Ziel der Erhaltungsringe ist es die Ringsorten zu kultivieren, zu beschreiben und zu erhalten. Allerdings wollen wir nicht in der Black Box eines Züchtungsunternehmens arbeiten, dass uns Kulturpflanzen nur als fertiges Produkt anbietet. Dies wir immer mehr zum Problem insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Gentechnik und sogenannten naturidentischen gentechnisch veränderten Organismen (nGVO, Pirscher et al. 2018), die sich nur schwer von konventionell gezüchteten Sorten unterscheiden lassen. Wir möchten einen Freiraum für Menschen und Kulturpflanzen schaffen, der nicht von Eigentumsrechten und kommerziellen Interessen bestimmt ist.
Wir möchten alle Gärtner*innen einladen mitzumachen. Es braucht kein Spezialwissen sondern nur Neugier und Fürsorge für die Kulturpflanzen. Details und Hintergründe zu den Erhaltungsringen findet man hier. Derzeit gibt es Erhaltungsringe für Bohnen und eine Bohnenfachgruppe sowie Erhaltungsringe für Tomaten und eine Tomatenfachgruppe. Wer bei den Tomaten-Erhaltungsringen mitmachen möchte, meldet sich bei Gisa Hoppe: tomaten(at)nutzpflanzenvielfalt.de. Zusammen mit dem Saatgut bekommt man auch ein schönes Informationspaket geliefert. Wir möchten praktische Fähigkeiten der Kultivierung, Saatgutgewinnung, Sortenerhaltung aber auch fachliches Wissen im Bereich der Biologie und Ökologie der Kulturpflanzen fördern.
Außerdem kann dies auch eine Gelegenheit sein sich mit Aspekten der Züchtungsmethoden und Züchtungsgeschichte zu beschäftigen. Wie werden unsere Kulturpflanzen gezüchtet? Wie sind z.B. die rotbraunen Tomaten entstanden und wo kommen die kuriosen blauen Tomaten her? Was ist Embryokultur? Was ist der Mythos der Hybridsorten und was ist Dehybridisierung? Wie unsere Kulturpflanzen entstehen und von Menschen geformt werden, soll dadurch wieder mehr in das Bewusstsein der Menchen rücken.
Kulturpflanzen sind meines Verständnisses nach das Ergebnis eines kulturbiologischen Prozesses. Das Phänomen Kulturpflanze kann nicht rein biologisch betrachtet werden. Vielmehr verschmelzen die natürliche Biologie der Kulturpflanzen mit der menschlichen Kultur also mit menschlicher (Kultur-) Technik und Wertvorstellungen. Die Erhaltungsringe sind eine gute Gelegenheit über Kulturpflanzen in den Austausch mit anderen Leuten zu kommen und Neues über diese Pflanzen zu lernen und vor allem auch, um sich kritisch mit Züchtung auseinanderzusetzen.
Literatur
Frauke Pirscher, Bartkowski Bartosz, Insa Theesfeld, and Johannes Timaeus. “Nature-Identical Outcomes, Artificial Processes: Governance of CRISPR/Cas Genome Editing as an Ethical Challenge.” In Ethical Tensions from New Technology: The Case of Agricultural Biotechnology. Wallingford: CABI, 2018.
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