Auf dem Foto seht ihr die Tomatenausstellung, die Peter Schurz in diesem Jahr in unserem Gemeinschaftsgarten Querbeet organisiert hat.
Bei einer Internetrecherche bin ich auf ein spannendes Forschungsprojekt in Italien gestoßen, welches mit partizipativen Ansätzen der Pflanzenzüchtung bei Tomaten experimentiert. Zwar gibt es wohl eine Reihe lokaler italienischer Landsorten bei den Tomaten, allerdings eignen sich diese nicht für den kommerziellen Anbau. Deshalb werden von Profis, auch von Biogärtnern, vor allem im Ausland gezüchtete Tomatensorten – vorwiegend Hybridsorten – verwendet. Diese sind einerseits sehr teuer und wurden weder für den biologischen Anbau noch für die italienischen Umweltbedingungen angepasst.
Also haben sich ein paar italienische Wissenschaftler mit Tomatengärtnern zusammengetan und ein partizipatives Zuchtprogramm gestartet. Bisher ist die partizipative Züchtung vor allem ein Ansatz in sogenannten „Entwicklungsländern“, wird aber mittlerweile auch als ein fruchtbarer Ansatz für westliche Agrarwirtschaften gesehen. Hier möchte ich in aller Kürze die Ergebnisse darstellen, die man in der Publikation im Detail nachlesen kann (Campanelli et al 2015).
1. Schritt: Die Kreuzungen von Sorten – Vielfalt als Grundlage für die Selektion
Zuerst wurden verschiedene Landsorten und kommerzielle Sorten von den Forschern miteinander verkreuzt, um genetische Variabilität und neue Kombinationsmöglichkeiten als Ausgangsbasis für die Selektion zu erzeugen. Die Kreuzungen fanden dabei immer innerhalb bestimmter Tomatentypen statt. So wurden z.B jeweils verschiedene Cherrytomaten, Salattomaten, Tomaten länglichen Typs (wie die bekannte Sorte San Marzano) und sogenannte Ochsenherztomaten (mit starker Rippung) miteinander verkreuzt. So wurde der Tomatentyp konstant gehalten. Aber es wurden immer Sorten mit bestimmten komplementären Eigenschaften gekreuzt, z.B. eine sehr geschmackvolle Cherry-Landrasse mit einer kommerziellen Cherry-Hochertragssorte.
2. Schritt: Selektion durch Gärtner und Forscher
Einem experimentellen Design folgend wurden die Sorten bei vier Gärtnern in Italien und auf einer Forschungsstation kultiviert. Außerdem wurden kommerzielle Hybridsorten als Vergleich angebaut. Die Selektion erfolgte rein durch visuelle Betrachtung der Tomatenpflanzen also des Phänotyps ohne großen technischen Aufwand (wie etwa molekularbiologische Methoden, z.B. der markergestützten Selektion). Selektiert wurde nur über zwei Jahre und im dritten Jahr wurden die neuen Sorten mit den Hybriden verglichen.
3. Schritt: Vergleich samenfeste Tomaten VS Hybrid-Tomaten
Nach drei Jahren zeigte sich, dass drei der selektierten Gruppen des San Marzano Typs einen höheren Ertrag hatten als die Hybridsorten, die im gleichen Garten wuchsen. Außerdem waren diese den Hybridsorten in den Eigenschaften Einheitlichkeit und Resistenz ebenbürtig. Damit stellen diese Selektionen potentiell neue gute Sorten dar. Zwölf weitere Tomatengruppen konnten selektiert werden, die den Hybriden in allen Eigenschaften ebenbürtig waren und damit ebenfalls Kandidaten für neue Sorten sind. Was in der Studie fehlt ist allerdings ein Vergleich der Neuzüchtungen zu den Ausgangssorten.
Some conclusions…
Die Studie zeigt, dass in recht kurzer Zeit und mit einfachen Mitteln neue samenfeste Sorten erzeugt werden können, die es durchaus mit Hybridsorten aufnehmen können. Tomaten eignen sicher gut als Modellorganismen, um partizipative und ökologisch orientierte Züchtung zu erproben. Sie sind einerseits ökonomisch bedeutsam und lassen sich relativ einfach sortenrein vermehren (da sie überwiegend Selbstbefruchter sind). Außerdem sind sie durch ihren im Vergleich zu anderen Gemüsen sehr markanten Geschmack und ästhetisches Äußeres ein wirksames Mittel zur Kommunikation neuer Züchtungsansätze in der Öffentlichkeit.
Literatur
Campanelli, G., Acciarri, N., Campion, B., Delvecchio, S., Leteo, F., Fusari, F., … & Ceccarelli, S. (2015). Participatory tomato breeding for organic conditions in Italy. Euphytica, 204(1), 179-197.
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