Wer mischen will, muss trennen? Technologische Anpassungen und Innovationen für Mischkulturen

Hier sieht man gleich das Problem: halbe Erbsen, die man mit einfacher Reinigungstechnik nicht vom Backweizen trennen kann.


Mischkulturen sind seit Anbeginn der Landwirtschaft ein Teil des Pflanzenbaues. Leguminosen und Getreide wurden wahrscheinlich sogar gemeinsam im Fruchtbaren Halbmond domestiziert. Die prinzipiellen ökologischen Vorteile liegen auf der Hand und sind wissenschaftlich vielfach belegt (Bedoussac et al. 2015). Allerdings sind unsere modernen Pflanzenbausysteme auf Monokulturen hin optimiert und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Züchtung, der Agrartechnik für Aussaat, Ernte und Nacherntebehandlung sowie der Lebensmittelverarbeitung. Um die Vorteile von Mischkulturen innerhalb einer technologisch fortschrittlichen Landwirtschaft nutzbar zu machen, reicht es deshalb nicht einfach sie unbeachtet anderer Stellschrauben in dieses Agrarsystem einzuführen. Wenn Mischkulturen in dieses System integriert werden sollen, sind deshalb technologische Anpassungen notwendig und zwar möglicherweise nicht nur an einer, sondern an mehreren Stellen in der Wertschöpfungskette. Hierbei spricht man dann von sogenannten gekoppelten Innovationen (Meynard et al. 2017). Dies lässt sich gut an dem Beispiel von Weizen-Erbsen-Gemengen illustrieren, die wir zur Zeit am Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz (Prof. Maria R. Finckh) testen. Weiterlesen „Wer mischen will, muss trennen? Technologische Anpassungen und Innovationen für Mischkulturen“

Alternative Finanzierungsmodelle für mehr Schlagkraft und Vielfalt in der ökologischen Pflanzenzüchtung

Hier sieht man eine Wiederholung eines vierfach wiederholten Versuches, in dem züchtungsrelevante Fragestellungen zu Mischkulturen untersucht werden. Versuchsbetrieb Neu Eichenberg, Fachbereich 11, Ökologische Agrarwissenschaften, Universität Kassel.


Die ökologische Pflanzenzüchtung sieht sich einer Reihe von Herausforderungen gegenüber. Eine ist das Zusammenbringen von Vielfalt und Zuchtfortschritt. Hier geht es um die bioökologischen Grundlagen der Züchtung sowie Methoden und Züchtungstechniken. Eine etwas weniger glamouröse aber doch ebenso wichtige Herausforderung ist die Finanzierung ökologischer Züchtung. Die ökologische Züchtung braucht mehr Schlagkraft, aber auch weltanschauliche und methodische Vielfalt, um den aktuellen Herausforderungen zu begegnen und hierbei sind neue Finanzierungsmodelle ein wesentliches Element. Professionelle Züchtung ist aufwendig, da diese Feldexperimente, Felderhebungen und evtl. Laboruntersuchungen nutzt, die viel Arbeitskraft, Zeit und teilweise auch Technik (auf dem Acker oder im Labor) erfordern. Im Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz (Uni Kassel, Foto oben) kann ich zur Zeit hautnah den Aufwand solcher Versuche erleben. Weiterlesen „Alternative Finanzierungsmodelle für mehr Schlagkraft und Vielfalt in der ökologischen Pflanzenzüchtung“

Gewürzanbau in Mischkulturen? Einsichten vom Fachseminar Ökologischer Arznei- und Gewürzpflanzenanbau

Schabziger Klee. Ein Kandidat für eine Mischkultur aus Getreide und Gewürz? Foto von Flyout, CC BY-SA 3.0, Quelle Wikipedia.


Letztes Wochenende war ich in Altenkirchen bei Bonn bei einem Fachseminar zum ökologischen Arznei- und Gewürzpflanzenbau. Organisiert wurde das ganze von Ökoplant und es fand in der Evangelischen Landjugendakademie in Altenkirchen statt. Bei diesem Seminar treffen sich regelmäßig Verarbeiter*innen, Landwirt*innen und auch die Forschung ist hier vertreten, z.B. durch Hanna Blum von der Universität Bonn (Forschungsbereich Nachwachsende Rohstoffe). Hier durfte ich in einer Session zum Gemengeanbau die ersten Ergebnisse aus unseren Mischkultur-Experimenten vorstellen. Einige Landwirte berichteten von ihren sehr umfangreichen Erfahrungen mit dem Anbau und der Trennung von Gemengen. Tendenziell denke ich, dass Gewürze ein spannendes Feld für Mischungen sind, da sie meines Wissens nach relativ hohe Erlöse erzielen und so einen gewissen Mehraufwand bei der Reinigung rechtfertigen können. Extrem interessant war der Vortrag von Peter Heller, der auf seinem Hof (Biohof-Heller) eine komplexe Reinigungs- und Trennanlage aufgebaut hat. Dazu gehören Windsichter, Siebreiniger, Trieur, Gewichtsausleser und Farbausleser (mehr Infos hier). Weiterlesen „Gewürzanbau in Mischkulturen? Einsichten vom Fachseminar Ökologischer Arznei- und Gewürzpflanzenanbau“

Neue Ringsorten für 2020 vom Verein für Nutzpflanzenvielfalt: Gärtner*innen gesucht

Die Sorte Schlesische Himbeere, die ich für die Tomatenerhalterringe in 2019 kultiviert habe.


Die Erhaltungsringe des VEN gehen in die nächste (nun schon dritte) Runde. Für 2020 haben wir in der Fachgruppe Tomaten eine Reihe interessanter Tomatensorten zusammengestellt. Und für mich besonders interessant – es ist auch eine rotbraune Sorte mit dabei – die Breslau 3.0. Ziel der Erhaltungsringe ist es die Ringsorten zu kultivieren, zu beschreiben und zu erhalten. Allerdings wollen wir nicht in der Black Box eines Züchtungsunternehmens arbeiten, dass uns Kulturpflanzen nur als fertiges Produkt anbietet. Dies wir immer mehr zum Problem insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Gentechnik und sogenannten naturidentischen gentechnisch veränderten Organismen (nGVO, Pirscher et al. 2018), die sich nur schwer von konventionell gezüchteten Sorten unterscheiden lassen.  Wir möchten einen Freiraum für Menschen und Kulturpflanzen schaffen, der nicht von Eigentumsrechten und kommerziellen Interessen bestimmt ist.

Wir möchten alle Gärtner*innen einladen mitzumachen. Es braucht kein Spezialwissen sondern nur Neugier und Fürsorge für die Kulturpflanzen. Details und Hintergründe zu den Erhaltungsringen findet man hier. Derzeit gibt es Erhaltungsringe für Bohnen und eine Bohnenfachgruppe sowie Erhaltungsringe für Tomaten und eine Tomatenfachgruppe. Wer bei den Tomaten-Erhaltungsringen mitmachen möchte, meldet sich bei Gisa Hoppe: tomaten(at)nutzpflanzenvielfalt.de. Zusammen mit dem Saatgut bekommt man auch ein schönes Informationspaket geliefert. Wir möchten praktische Fähigkeiten der Kultivierung, Saatgutgewinnung, Sortenerhaltung aber auch fachliches Wissen im Bereich der Biologie und Ökologie der Kulturpflanzen fördern. Weiterlesen „Neue Ringsorten für 2020 vom Verein für Nutzpflanzenvielfalt: Gärtner*innen gesucht“

Erbsen-Protein aus Mischkulturen: auf der Suche nach ökologischen Fleischalternativen

Foto: Eine Mischkultur aus Erbsen und Hafer 2019 im Versuchsbetrieb Neu Eichenberg der Universität Kassel.


Da wir momentan am Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz im Rahmen des Remix-Projektes Experimente zu Mischkulturen aus Erbsen und Weizen durchführen, halte ich natürlich auch nach potentiellen Anwendungsfeldern Ausschau. In letzter Zeit konnte ich beim Einkaufen beobachten, wie sich die Erbsen in den Regalen der Supermärkte breit machen. Allerdings nicht in den Gemüsetheken oder Tiefkühlregalen. Vielmehr findet man Erbsen zunehmend in verarbeiteter Form in Fleischersatzprodukten. Beispiele sind der Burger-Patty von Next Level, Beyond Meat oder Pulled Chunks von Vegini (in Anlehnung an Pulled Pork) oder auch Bratwurst von Like Meat. Dabei hat diese neue Generation von Fleischersatzprodukten in Sachen Nachahmung von richtigem Fleisch einen ordentlichen Sprung nach vorne gemacht. Dank ausgeklügelter lebensmitteltechnischer Verarbeitungsverfahren und Rezepturen kommen einige dieser Produkte sehr nah an Fleisch heran sowohl was Geschmack, Aussehen als auch Konsistenz angeht. Allerdings gibt es natürlich auch sehr kritische Aspekte dieser hochverarbeiteten Lebensmittel, wie Ökotest herausstellt. Für mich persönlich gehören die unsäglich großen Plastikverpackungen an vorderster Stelle dazu (Beispiel Next Level). Weiterlesen „Erbsen-Protein aus Mischkulturen: auf der Suche nach ökologischen Fleischalternativen“

Das Geheimnis der Black Cherries: Farbe, Aroma und Genetik

 

Foto: Die Tomaten-Sorte Black Cherry aus unserem Garten in Witzenhausen.


Meine Lieblingstomate in diesem Sommer war die Black Cherry eine hocharomatische, ertragreiche Cherry Tomate, die mit ihren dunkelrot bis bräunliche gefärbten Früchten und tiefdunklem Laub auch noch schick aussieht. Ein Prachtexemplar einer Kulturpflanze. Einziger Nachteil: beim Pflücken neigen die Früchte zum Aufplatzen. Man muss also ganz behutsam pflücken und zur Vermarktung eignet sie sich sicherlich nicht. Allerdings gibt es eine Weiterentwicklung dieser Sorte mit festerer Schale die den Namen Black Opal trägt und von Gourmet Genetics in England kommt. Die Black Opal steht ganz oben auf meiner Must-Have-Liste für die nächste Gartensaison. Weiterlesen „Das Geheimnis der Black Cherries: Farbe, Aroma und Genetik“

Inspirationen aus Budapest von der European Conference on Crop Diversification

Phil Howard erläutert am Beispiel der Bierindustrie den Teufelskreis aus industrieller Dominanz sowie Widerstand und Alternativen, die letztlich doch wieder vereinnahmt werden.


In Budapest hatte ich gerade die Gelegenheit an einer spannenden und inspirierenden Veranstaltung teilzunehmen, der European Conference on Crop Diversification. So langsam scheint sich eine schlagkräftige community rund um das Thema Diversifizierung in der Landwirtschaft zu bilden und ich werde definitiv einiges an neuen Ideen und vor allem Energie mitnehmen. Eine englische Version dieses Beitrages findet ihr auf der Seite des Crop Diversification Clusters und einen Kurzbericht der Konferenzorganisator*innen hier. Weiterlesen „Inspirationen aus Budapest von der European Conference on Crop Diversification“

Crispr-Multilines als Diversifizierungs-Ansatz in der ökologischen Züchtung: Potential und Kritik

Eine genetisch diverse Multiline, gut erkennbar an den verschiedenen Ährenfarben.


Ein Gedanke treibt mich schon seit einiger Zeit um. Es geht um die Verbindung eines alten Züchtungsansatzes zur Diversifizierung von Pflanzensorten – den sogenannten Multilines – mit moderner Gentechnik. Hierdurch ließen sich die Stärken zweier Ansätze möglicherweise elegant kombinieren. Allerdings gehört meiner Meinung nach zu der Entwicklung dieser Idee auch eine kritische Reflexion. Wie ließen sich Crispr-Multilines wirklich positiv nutzen und dienen nicht nur der übermäßigen Kapitalanhäufung bestimmter Institutionen und Personen? Ich befürchte, dass ein überhasteter Einsatz dieser Technologie mehr Schaden anrichtet als Vorteile bringt. Weiterlesen „Crispr-Multilines als Diversifizierungs-Ansatz in der ökologischen Züchtung: Potential und Kritik“

Embryokultur als kontroverse Züchtungsmethode: Überschreitung natürlicher Artgrenzen und genetische Bereicherung von Kulturpflanzen

Links: Tomatenvielfalt im Leipziger Gemeinschaftsgarten Querbeet. Ein Produkt der Embryokultur?


Gastbeitrag von Heinz-Dieter Hoppe

Pflanzenzüchtungsmethoden sind mittlerweile ein kontroverses Thema in unserer Gesellschaft. Es gibt verschiedene Vorstellungen davon, wie Kulturpflanzen gezüchtet werden sollten. Um zu einer Bewertung von Züchtungsmethoden zu kommen, gehören neben den eigenen Wertvorstellungen idealerweise auch fundiertes Wissen über die Züchtungsmethode. An dieser Stelle möchte ich auf die Embryokultur als Züchtungstechnik eingehen.

Die Embryokultur-Technik (embryo rescue) stellt ein viel genutztes Werkzeug für die Pflanzenzüchtung dar. Besonders bei Art- und Gattungsbastardierungen – also der Kreuzung über Art- und Gattungsgrenzen hinweg – wird diese Technik bereits seit mehr als 100 Jahren genutzt (Raghavan 2003). Ziel ist eine Vergrößerung der genetischen Variabilität von Kulturpflanzen. Durch Kreuzung mit Wildarten sollen erwünschte Merkmale, die nicht im Genpool der Kulturpflanzenart vorkommen, wie zum Beispiel Resistenzeigenschaften gegenüber Krankheiten, in Kulturformen übertragen werden (Miedaner 2011).

In den nachfolgenden Ausführungen wird am Beispiel der Kulturtomate die Nutzung und Bedeutung dieser Technik für die Pflanzenzüchtung dargestellt und diskutiert. Weiterlesen „Embryokultur als kontroverse Züchtungsmethode: Überschreitung natürlicher Artgrenzen und genetische Bereicherung von Kulturpflanzen“

Zum Ursprung von Getreide-Leguminosen-Mischkulturen und der Nutzung evolutionärer Ko-Adaptation

Abbildung links: der sogenannte Fruchtbare Halbmond ist Ursprung vieler unserer Kulturpflanzen. Quelle Wikipedia, Autor Colt 55.


Seit einiger Zeit beschäftigt mich schon die Frage, woher eigentlich die Mischkulturen aus Getreiden und Leguminosen kommen, die traditionell in unserer europäischen Landwirtschaft eingesetzt wurden. Mischkulturen erfahren gerade wieder – durch eine Reihe aktueller Forschungsprojekte und Konferenzen – mehr Aufmerksamkeit. Ich selbst arbeite gerade an einem Mischkultur-Projekt (Remix) im Fachgebiet Ökologischer Pflanzenschutz der Universität Kassel.

Neulich fiel mir bei einer Literaturrecherche ein interessanter alter Artikel von Zohary und Hopf in die Hände mit dem Titel: „Domestication of Pulses in the Old World – Legumes were companions of wheat and barley when agriculture began in the Near East“ (Zohary and Hopf, 1973). Das ließ mich natürlich aufhorchen. Die Kernaussage des Artikels ist, dass die wilden Vorfahren unserer Getreide und einiger Leguminosen wie Linse und Erbsen schon vor ihrer Domestikation in natürlichen Pflanzengemeinschaften zusammenlebten und das diese auch zusammen domestiziert und in den ersten landwirtschaftlichen Systemen unserer Welt zusammen kultiviert wurden. Etwas aktuellere Informationen dazu gibt es in den Kapiteln zu Getreide und Erbsen bei Zohary et al. (2012) und Weiss und Zohary (2011). Weiterlesen „Zum Ursprung von Getreide-Leguminosen-Mischkulturen und der Nutzung evolutionärer Ko-Adaptation“

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