Eine Wende in der Evolutionstheorie: Extended Evolutionary Synthesis und die Erweiterung der menschlichen Nische

Ein Landwirt mit seinen Büffeln auf Sri Lanka, den ich zusammen mit Patrice Wolger im März 2016 besucht habe.


An dieser Stelle möchte ich auf eine wissenschaftlich hochspannende, aber wie ich finde auch gesellschaftlich extrem relevante Entwicklung in der Evolutionsforschung eingehen. Es zeichnet sich zur Zeit ein erheblicher Wandel unseres Verständnisses der Evolution ab. Dies hat nicht nur Implikationen für das naturwissenschaftliche Verständnis der Evolution biologischer Organismen sondern auch für unser Verständnis der Evolution der Interaktion von Menschen mit der biologischen Vielfalt auf unserem Planeten.

Bisher wurde unser Verständnis von der Evolution biologischer Organismen durch ein Paradigma bestimmt, welches auch als „moderne evolutionsbiologische Synthese“ (MES) bezeichnet wird.

Der MES zufolge sind die Hauptfaktoren, die die Evolution beeinflussen, natürliche Selektion, genetische Variation durch Mutation und Rekombination sowie genetischer Drift. Die Weitergabe von Informationen von Generation zu Generation erfolgt nach diesem Modell fast ausschließlich durch biologisch-genetische Vererbung.

Durch diese Theorie lassen sich die evolutionären Prozesse, wie die Veränderung von Arten, die Entstehung neuer Arten oder auch ganzer Organismengruppen (z.B. der Gefäßpflanzen, der Vielzeller oder der Gattung Homo, zu der wir Menschen gehören) erklären. Vor allem die Angepasstheit aller Lebewesen an ihre Umwelt und damit die Funktionalität biologischer Systeme, eine der herausragenden Eigenschaften biologischer Phänomene, lässt sich durch diese Theorie erklären.

Eine Wende in der Evolutionstheorie: die extended evolutionary synthesis

Viele Erklärungsmodelle der MES werden auch weiterhin ihren Wert behalten. Allerdings gibt es zur Zeit eine Wende im wissenschaftlichen Verständnis der Evolution von Lebewesen, die über diese klassische Theorie hinausgeht. Diese Diskussion findet in der Fachliteratur unter dem Begriff der „extended evolutionary synthesis“ (EES) statt (Laland et al. 2015; Laland et al 2014). Die EES fasst eine Reihe von Entwicklungen verschiedener Disziplinen zusammen, z.B. der Entwicklungsbiologie, der modernen Ökologie und den Kulturwissenschaften, die die Perspektive auf den Prozess der Evolution erweitern.

Während in der englischsprachigen Literatur etwas vorsichtig von einer „Erweiterung“ (extension) der bestehenden Evolutionstheorie gesprochen wird, kann man durchaus auch etwas radikaler von einer Wende in der Evolutionstheorie sprechen, da nun auch Aspekte der Evolution betrachtet und Erklärungsansätze eingebracht werden, die zuvor als irrelevant, außer-wissenschaftlich oder schlicht falsch galten. Außerdem ändert sich die Vorstellung davon, was im Prozess der Evolution Ursache und was Wirkung ist. In diesem Sinne könnte also der vielstrapazierte Begriff des Kuhnschen Paradigmenwechsels einmal angebracht sein.

Die Organismen werden vom passiven Objekt zu Akteuren der Evolution

Die EES und ihre Vertreter stellen eine zentrale Aussage der modernen evolutionsbiologischen Synthese in Frage. Die Angepasstheit oder Adaptivität von Organismen und damit ihre ökologische Nische entsteht in der orthodoxen Evolutionstheorie durch die Anpassung der Organismen an die Umwelt. Die Umwelt ändert sich und die Organismen werden durch die Auswahl der fittesten genetischen Varianten an die neue Umwelt angepasst (natürliche Selektion). Die Organismen werden dadurch zu einem passiven Objekt in der Evolution. Dagegen geht man in der EES davon aus, dass die Adaptivität oder die „Passung“ von Umwelt und Organismus das Resultat eines zweiseitigen Prozesses ist (Odling-Smee et al. 2003, S.18):

„There are in fact two logically distinct routes to the evolving match between organisms and their environments: either the organism changes to suit the environment, or the environment is changed to suit the organism.“

Den einseitigen Anpassungsprozess, der in der orthodoxen Evolutionstheorie angenommen wird, hatten schon Richard Levins und Richard Lewontin in den 80ern des letzten Jahrhunderts kritisiert und die aktive Rolle der Organismen in der Evolution hervorgehoben (Levins and Lewontin 1985, S. 106):

„The organism influences its own evolution, by being both the object of natural selection and the creator of the conditions of that selection.“

Die EES stellt damit nicht nur eine substantielle Wende in der Erklärung biologischer Phänomene dar, sondern nimmt einen fundamental anderen philosophischen Standpunkt dazu ein, wie sich die biologische, aber auch die kulturelle Welt im Laufe der Zeit ändert. Die Vorstellung von Ursache und Wirkung verändert sich von der orthodoxen Evolutionstheorie zur EES.

Nischenkonstruktion: Organismen bedingen ihre eigene Evolution

Ein zentrales Element der EES ist die sogenannte Nischenkonstruktion durch Lebewesen (Odling-Smee et al. 2003; Laland et al. 2016). Auf diese möchte ich hier stellvertretend für die EES näher eingehen.

Einer klassischen Definition nach ist die ökologische Nische definiert als Werte-Bereich aller relevanter Variablen innerhalb derer eine Art überleben und sich reproduzieren kann (Hutchinson 1957). Dazu gehören biotische Faktoren (Konkurrenten, Beute, Bestäuber) und abiotische Faktoren (Temperatur, Feuchte, Licht). Die Nische bezieht sich damit auf die Beziehung biologischer Arten mit ihrer Umwelt und ist ein zentrales Konzept der Ökologie, aber auch der Biologie.

In der klassischen Ökologie und Evolutionstheorie ist die Nische von Arten das Resultat der Anpassung der Organismen an die Umwelt durch natürliche Selektion. Die Anpassung an die Umwelt ist gewissermaßen eine evolutionäre Reaktion der Arten auf die sich ändernde Umwelt.

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Regenwürmer sind am Aufbau des Bodens beteiligt, der ein Lebensraum für den Regenwurm selbst und viele andere Organismen ist. Foto von Dodo Bird, Quelle Wikipedia.

Viele Lebewesen aber verändern ihre Umwelt aktiv und dauerhaft zu ihrem eigenen Vorteil. Dazu zählen insbesondere Organismen, die in der Ökologie als sogenannte Ökosystemingenieure bezeichnet werden. Das populärste Beispiel ist der Bieber, der die Dynamiken eines Fließgewässers durch seine Bauten stark verändert. Dadurch passt er die Umwelt seinen Bedürfnissen an und schafft sich so sein eigenes Habitat. Ein weiteres populäres Beispiel ist der Regenwurm, welcher die Eigenschaften des Bodens stark modifiziert und damit für sich als auch für andere Lebewesen überhaupt erst zu einem bewohnbaren Habitat macht. Durch diese Prozesse passen die Organismen die Umwelt an ihre Bedürfnisse an.

Nischenkonstruktion geht aber noch über die Anpassung der Umwelt an die eigene Nische hinaus. Nischenkonstruktion ist ein evolutiver Prozess. Nach Laland et al. (2016) müssen drei Bedingungen für Nischenkonstruktion gegeben sein:

  1. Ein Organismus muss die Umwelt signifikant verändern.

  2. Die Umweltänderung muss zur Veränderung von Selektionsfaktoren für einen Organismus führen.

  3. Es muss, bedingt durch die Umweltveränderung, eine evolutionäre Veränderung in mindestens einer Population stattfinden.

Arten, die Nischenkonstruktion betreiben, verändern ihre Umwelt dauerhaft und damit auch die Selektionsfaktoren für die Folgegenerationen. Dadurch beeinflussen Arten ihre eigene Evolution. Sie werden von Objekten in der orthodoxen Evolutionstheorie zu Subjekten und Akteuren der Evolution in der EES.

Die evolutive Wirkung generationsübergreifender Umweltveränderung: ecological inheritance

Dabei entscheidend ist, dass die Umweltänderungen über mehrere Generationen hinweg wirksam sind, um als Selektionsfaktoren wirken zu können. Dies wird auch als „ecological inheritance“ bezeichnet. Hierdurch entsteht ein Feedback aus Organismen und Umwelt, welches zur Nischenkonstruktion führt (Laland et al 2016):

„Evolution thus entails networks of causation and feedback in which previously selected organisms drive environmental changes, and organism-modified environments subsequently select for changes in organisms.“

Aus dieser Perspektive ist die Angepasstheit der Organismen an die Umwelt keineswegs mehr nur dadurch zu erklären, dass sich die Organismen in einem Prozess der Auslese an die Umwelt anpassen, sondern, dass die Organismen ebenfalls die Umwelt an ihre Bedürfnisse anpassen.

Die Fähigkeit der Nischenkonstruktion ist bei nicht-menschlichen Lebewesen überwiegend (wenn auch nicht ausschließlich) genetisch vererbt, wie der Nestbau bei Vögeln, die Umwandlung von Boden durch den Regenwurm oder der Aufbau von Riffen durch Korallen. Entscheidend ist daher aus der Perspektive der Nischenkonstruktionstheorie die Wechselwirkung aus genetischer Vererbung und generationenübergreifender und evolutiv wirksamer Umweltveränderungen.

Die Erweiterung der menschlichen Nische: kulturelle Nischenkonstruktion

Der Mensch hat durch sein Verhalten und daraus resultierenden Umweltveränderungen enormen Einfluss auf die Ökosysteme des Planeten. Menschen wandeln ganze Landschaften um, domestizieren Pflanzen und Tiere, erschaffen neue Arten oder rotten Arten aus und beeinflussen die Evolution auf der Erde. Menschen sind die ultimativen Nischenkonstrukteure (Odling-Smee et al. 2003, S. 28):

„Humans are not just passive vehicles for genes, they actively modify sources of natural selection in environments. They are the ultimate niche constructors.’’

Die Menschen sind deshalb so potente Nischenkonstrukteure, weil sie einen weiteren generationenübergreifenden „Vererbungsmechanismus“ perfektioniert haben: die kulturelle Vererbung oder Weitergabe von Wissen, Techniken und Werten (Kendall et al 2011). Der Mensch verändert durch kulturell verstärkte Nischenkonstruktion dauerhaft seine Umwelt, seine eigene Biologie und die Biologie anderer Organismen.

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Eine Teeplantage in Sri Lanka, die ich im März 2016 besucht habe. Der Mensch hat Sri Lankas Ökosysteme zu einer „Tee-Landschaft“ umgestaltet.

Ein gutes Beispiel von Nischenkonstruktion ist die verschränkte Evolution menschlicher Verdauungsenzyme, der Agrarkultur und stärkehaltiger Kulturpflanzen. Einer empirischen Studie zufolge korreliert die Zahl der Kopien des Amylase-Gens in Menschen mit dem Ausmaß des Konsums stärkehaltiger Lebensmittel (Perry et al. 2007). Ein sehr plausibler Erklärungsansatz ist ein Prozess der Nischenkonstruktion, in dem die Evolution der Menschlichen Genetik mit der kulturellen Evolution der Agrarkultur sowie der Evolution der Kulturpflanzen verschränkt sind. Amylase ist ein Enzym, welches Stärke in seine Zuckerbestandteile zerlegt und dadurch verdaut. Es hat sich gezeigt, dass Populationen, die eine stärkehaltige Diät haben, eine erhöhte Kopienzahl des Amylase-Gens besitzen, wodurch mehr Amylase gebildet wird, was wiederum den Stärke-Verdau fördert.

Möglicherweise hat der Mensch durch den zunehmenden Anbau stärkehaltiger Getreide dafür gesorgt, dass die Fähigkeit, diese effizient zu verdauen, zu einem Überlebensvorteil wurde. Hierdurch wurde eine erhöhte Zahl von Amylasegenen zu einem evolutivem Vorteil. Die stärkehaltigen Kulturpflanzen, wie Kartoffeln, Weizen oder Mais veränderten sich ebenfalls und wurden durch die menschliche Selektion an die menschliche Nische angepasst. Dies könnte wiederum dazu geführt haben, dass sich der Anbau stärkehaltiger Lebensmittel ausdehnte, bis in die gewaltigen Ausmaße des jetzigen Anthropozäns.

Ein weiteres bekanntes Beispiel ist die zunehmende Ausbreitung von Moskitos durch die entstehende Landwirtschaft in Afrika und eine dadurch bedingte Ausbreitung des Allels für Sichelzellen-Anämie, welches im heterozygoten Zustand Malaria-Resistenz vermittelt (O’Brien und Laland 2012).

Ein Beispiel aus der Medizin ist die Veränderung des Beckendurchmessers bei Frauen bzw. der Kopfgröße Neugeborener infolge moderner Geburtshilfemaßnahmen (Mitteroecker et al 2016).

Der Mensch selbst formt seine Umwelt und gestaltet damit seine eigene Evolution und die anderer Organismen. Dieser Prozess hat im Anthropozän ein gewaltiges Ausmaß angenommen. Der Mensch formt völlig neue Habitate und Ökosysteme und er erschafft neue genetische Vielfalt und sogar neue biologische Arten, wie den Weichweizen oder den Raps. Der Mensch domestiziert die Natur, aber auch sich selbst.

Die Nischenkonstruktionstheorie ermöglicht es auch einige Probleme in der Erklärung der Entstehung von Landwirtschaft und der Domestikation von Kulturpflanzen und Nutztieren zu lösen (Smith 2012). Bisherige Ansätze, basierend auf der orthodoxen Evolutionstheorie, gingen oft davon aus, dass Landwirtschaft und Domestikation auf zunehmend erschöpfte Ressourcen in der Umwelt der Menschen zurückzuführen sei, z.B. auf das Aussterben von Großsäugern. Landwirtschaft und Domestikation sind demnach eine evolutive Anpassung des Menschen an die erschöpften Ressourcen der damaligen Umwelt. Allerdings konnten in einigen Regionen, in denen die Landwirtschaft entstanden ist, keine Anzeichen einer Ressourcenerschöpfung identifiziert werden (Smith 2016). Möglicherweise haben die Menschen ihre Nische durch Domestikation und Landwirtschaft aktiv ausgedehnt, weil dies auch ohne Druck durch erschöpfte Ressourcen von Vorteil war. Der Mensch macht andere Organismen durch Zucht und Domestikation zum Teil seiner Nische. Um dies in meinen Worten zu formulieren: die menschliche Nische und die Nischen der kultivierten biologischen Vielfalt verschmelzen in Biokultursystemen.

Der Lauf der Evolution ist dabei bedingt durch genetische Vererbung, generationenübergreifende Umweltänderungen und kulturelle Weitergabe von Techniken, Wissen und Werten. In der kulturellen Nischenkonstruktion schafft ein biologisch evolviertes Wesen, der Mensch, eine kulturelle Umwelt, welche wiederum die Selektion menschlicher Gene und anderer Organismen beeinflusst, was wiederum die Kultur ändert usw.

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Eine Büffelweide in Sri Lanka. Ganz klein sieht man einen schwarzen Büffel, der zwischen den Kokos-Palmen weidet. Dieses Ökosystem ist nicht nur wunderschön, sondern auch ein Paradebeispiel menschlicher Nischenkonstruktion.

Ein gespannter Blick in die Zukunft

Es wird sicher spannend sein zu sehen, wie sich die Extended Evolutionary Synthesis und die Nischenkonstruktions-Theorie in Zukunft weiterentwickeln. Lässt sich diese Theorie z.B. als Ansatz nutzen, um heutige Umweltprobleme zu verstehen? Gibt es vielleicht auch interessante Anwendungsfelder im Bereich der Züchtung von Kulturpflanzen und Tieren?

Literatur

Hutchinson, G. E. 1957. Concluding remarks. Cold Springs Harbor Symp. Quant. Biol 22:415-427.

Kendal, J., Tehrani, J. J., & Odling-Smee, J. (2011). Human niche construction in interdisciplinary focus. Philosophical Transactions of the Royal Society B: Biological Sciences, 366(1566), 785-792.

Laland, K. N., Uller, T., Feldman, M. W., Sterelny, K., Müller, G. B., Moczek, A., … & Odling-Smee, J. (2015, August). The extended evolutionary synthesis: its structure, assumptions and predictions. In Proc. R. Soc. B (Vol. 282, No. 1813, p. 20151019). The Royal Society.

Laland, K., Matthews, B., & Feldman, M. W. (2016). An introduction to niche construction theory. Evolutionary Ecology, 30(2), 191-202.

Laland, K., Uller, T., Feldman, M., Sterelny, K., Müller, G. B., Moczek, A., Jablonka, E. & John Odling-Smee (2014). Does evolutionary theory need a rethink? Yes urgently. Nature, 514(7521), 161.

Levins, R., & Lewontin, R. C. (1985). The dialectical biologist. Harvard University Press.

O’Brien, M. J., & Laland, K. N. (2012). Genes, culture, and agriculture. Current Anthropology, 53(4), 434-470.

Odling-Smee, F. J., Laland, K. N., & Feldman, M. W. (2003). Niche construction: the neglected process in evolution (No. 37). Princeton University Press.

Perry, G. H., Dominy, N. J., Claw, K. G., Lee, A. S., Fiegler, H., Redon, R., … & Carter, N. P. (2007). Diet and the evolution of human amylase gene copy number variation. Nature genetics, 39(10), 1256-1260.

Smith, B. D. (2012). A cultural niche construction theory of initial domestication. Biological Theory, 6(3), 260-271.

Smith, B. D. (2016). Neo-Darwinism, niche construction theory, and the initial domestication of plants and animals. Evolutionary Ecology, 30(2), 307-324.

3 Antworten auf „Eine Wende in der Evolutionstheorie: Extended Evolutionary Synthesis und die Erweiterung der menschlichen Nische

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  1. Klingt alles sehr interessant und plausibel. Ich kenne mich mit dem evolutionstheoretischen Diskurs nicht wirklich aus, aber es wundert mich, dass die EES „revolutionär“ sein soll – die Theorie scheint nicht sonderlich überraschend und auch nicht übermäßig at odds mit der klassischen Evolutionstheorie. Letztendlich konstruiert bspw. der Regenwurm seine Nische nicht bewusst, sondern der Prozess ist sozusagen ein Nebenprodukt seines Metabolismus – er ist sich somit selbst ein Selektionsmechanismus. Bzw., anders formuliert: leugnen „orthodoxe“ Evolutionstheoretiker, dass Lebewesen in der Lage sind, ihre Umwelt/Nische nach ihren Bedürfnissen zu modifizieren?

    Bisherige Ansätze, basierend auf der orthodoxen Evolutionstheorie, gingen oft davon aus, dass Landwirtschaft und Domestikation eine Antwort auf zunehmend erschöpfte Ressourcen in der Umwelt der Menschen zurückzuführen sei, z.B. auf das Aussterben von Großsäugern.

    Wirklich? Dann sind sie aber ganz schön kurz gedacht. Letztendlich ist Selektionsdruck nicht zu verstehen als immer ein „negativer Druck“ wie bspw. akute Ressourcenknappheit. Eher ist es ein beliebiges Phänomen, das irgendeinem Organismus (tatsächlich existent oder potentiell) einen Vorteil verschaffen kann. Im Fall der Domestikation war es nicht zwangsläufig der Ressourcendruck, sondern bspw. die höhere Sicherheit (im Sinne einer geringeren Varianz im Angebot an Nahrungsmitteln) und die Tatsache, dass man dem Essen nicht mehr hinterherrennen musste. Irgendjemand hat mit der Domestikation irgendwann durch Zufall angefangen und sich damit unbewusst schrittweise einen Vorteil aufgebaut. Für mich klingt das alles vereinbar damit, wie ich die Evolutionstheorie immer verstanden habe. Aber vielleicht habe ich Dawkins & Co. überinterpretiert;-)

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    1. Deine Einwände sind durchaus berechtigt, und helfen mir meine Gedanken zu sortieren.

      Allerdings legt die moderne Synthese soweit ich es weiß in der Erklärung eines zentralen Phänomens der Biologie, der Angepasstheit/Funktionalität von Organismen, die Betonung sehr stark auf die Selektion genetischer Variabilität durch externe Umweltfaktoren. Das sie Organismen die Umwelt selbst verändern und dadurch auch ihre eigene Evolution ist zwar nicht vollkommen „at odds“ mit der modernen Synthese, scheint dort aber eben eher ein Randphänomen in dieser zu sein.

      Bei dem zweiten Punkt zur Domestikation würde ich dir recht geben.

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